Vom Aufstieg eines Beduinendorfes zur Millionenmetropole: Die Geschichte Abu Dhabis

Abu Dhabis Geschichte und Entstehung ist eng mit der Verbreitung des Islams auf der Arabischen Halbinsel und im Mittleren Osten verknüpft. Im siebten Jahrhundert n. Chr. begann dessen Entwicklung im heutigen Saudi-Arabien, als der Prophet Mohammed den Koran empfing. Von Mekka und Medina breitete sich die Lehre des Islams auf die umliegenden Gebiete aus. Die Gegend war aufgrund des rauen Wüstenklimas zum größten Teil von Nomaden besiedelt.

Wie nahm die Geschichte von Abu Dhabi ihren Lauf?

Im 16. Jahrhundert stand die Region rund um das heutige Abu Dhabi unter dem Einfluss des Osmanischen Reichs. Doch schon bald übernahmen die Portugiesen die Vorherrschaft, indem sie Stützpunkte zur Sicherung der Handelsroute nach Indien bauten. 1761 entdeckten Beduinen vom Stamm der Bani Yas eine Wasserquelle auf der Insel Abu Dhabi und ließen sich dort nieder. Ursprünglich in der Liwa-Oase angesiedelt, verlegten die Bani Yas unter der Herrschaft der Familie Al Nahyan um 1791 ihren Hauptsitz nach Abu Dhabi. Die Herrscherfamilie –  die noch heute im Emirat regiert – errichtete daraufhin die Festung Qasr Al Hosn.

Qasr Al Hosn Festung

Das älteste Gebäude in Abu Dhabi: Das Fort Qasr Al Hosn in den 1960er Jahren

Perlenfischerei und britisches Protektorat: Abu Dhabis Aufstieg zum Handelszentrum  

Perlentaucher haben in der Folgezeit rund um Abu Dhabi ihre Heimat gefunden. Der Handel mit Perlmutt florierte, das Geschäft mit dem wertvollen Gut wurde bald zur wichtigsten Einnahmequelle der Stadt. Gleichzeitig war damals die Küste der heutigen Vereinigten Arabischen Emirate im Süden des Persischen Golfs als Seeräuberküste bekannt, da dort ansässige Piraten die Handelsschifffahrt zwischen dem Mittleren Osten und Ostasien bedrohten. Ihre Zentren befanden sich vor allem in den Emiraten Sharjah und Ras Al Khaimah. Da neben dem Oman auch der Handelsweg nach Indien unter den Attacken litt, schaltete sich Großbritannien ein.

Dhwo ABu DHabi Perlentaucherei

Mit der Perlentaucherei von arabischen Dhows aus begann die erfolgreiche Handelszeit in Abu Dhabi.

In einem Vertrag mit dem Vereinigten Königreich schlossen die Scheichtümer 1853 „ewigen Seefrieden“. Abu Dhabi schloss sich 1892 zusammen mit anderen Emiraten dem Bündnis der Trucial States („Vertragsscheichtümern“) an. Damit wurde Abu Dhabi ein Protektorat von Großbritannien. Die strategisch gute Lage sicherte Großbritannien die Kontrolle über den Golf von Oman und die Scheichtümer erhielten im Gegenzug den Schutz bei einem Angriff zugesagt.

Ein Meilenstein in der Geschichte von Abu Dhabi: Der Ölboom im 20. Jahrhundert

Bis in das 20. Jahrhundert waren Perlen das wichtigste Handelsgut Abu Dhabis. Mit der Weltwirtschaftskrise 1929 und der Flut preiswerter Zuchtperlen auf dem Markt verabschiedete sich das Emirat jedoch von dem bedeutenden Wirtschaftszweig. In den 1930er Jahren starteten auf der Arabischen Halbinsel erste Testbohrungen von Ölfirmen und Anfang der 1960er Jahre kam es zum Fund großer Mengen des „flüssigen Golds“.

Mit der Erdölförderung und dem Export ab 1962 begann ein steiler wirtschaftlicher Aufstieg. Der damalige Herrscher Scheich Shakhbut ließ jedoch kaum Geld in Bildung und Entwicklung fließen. Er galt als unbeliebt, sodass sein Bruder Zayed bin Sultan al Nahyan durch Unterstützung seiner Familie, dem Sultanat Oman und Großbritanniens in Folge eines unblutigen Palastputsches die Herrschaft übernahm. Damit begann ein umfangreiches Programm zum Ausbau der Infrastruktur und in Abu Dhabi entstanden Straßen, Krankenhäuser und Schulen für die Bevölkerung.

Die jüngere Geschichte: Abu Dhabi wird Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate

Im Jahr 1968 begann Großbritannien, sich von der Arabischen Halbinsel zurückzuziehen. Die verschiedenen Emirate erkannten daraufhin, dass Sie gemeinsam eine stärkere Stimme im Nahen Osten bilden müssten. Die Herrscher von Abu Dhabi und Dubai entschieden sich 1971 dazu, zusammen mit den fünf Emiraten Ajman, Sharjah, Fujairah und Umm al-Qaiwain eine Union zu gründen. Scheich Zayed bin Sultan Al Nahyan wurde zum Präsidenten und Abu Dhabi zur Hauptstadt auserkoren. Im Jahr 1972 folgte auch Ras Al Khaimah in den Bund der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).

Der Vater der Nation – Scheich Zayed bin Sultan Al Nahyan

Scheich Zayed bin Sultan al Nahyan hatte maßgeblichen Einfluss auf den Lauf der Geschichte Abu Dhabis. Als jüngster Sohn von Scheich Sultan bin Zayed bin Khalifa Al Nahyan wurde er 1918 in der Oasenstadt Al Ain geboren. Seine Familie pflegte ein traditionelles Leben in der Wüste als Beduinen, sodass er anstatt einer schulischen Bildung lediglich eine elementare Einweisung in den Islam erhielt. 1946 wurde er zum Gouverneur der östlichen Region Abu Dhabis mit Sitz in Al Ain ernannt und half dort ausländischen Firmen bei der Suche nach Erdöl. Die Herrschaft über Abu Dhabi übernahm er 1966. Präsident der VAE wurde er im Jahr 1971. Mit ihm begann eine neue Ära für die Entwicklung der Emirate und die Einheimischen bezeichnen ihn auch noch heute als „Vater der Nation“.

Sheikh Zayed 1971

Erste Sitzung des National Consultative Council 1971 in Abu Dhabi

Durch seine zukunftsorientierten Entscheidungen galt Scheich Zayed bin Sultan al Nahyan als besonders weltoffen. Er erlaubte private, unabhängige Medien und tolerierte die Ausübung anderer Religionen. Sein liberaler Führungsstil war in der konservativen arabischen Welt nicht immer gern gesehen, verschaffte jedoch den VAE bis heute ein explosionsartiges wirtschaftliches Wachstum und einen hohen Wohlstand. Trotz seines Reichtums pflegte er einen traditionellen Lebensstil. Sein größtes Hobby war die Falkenjagd. Der Tierschutz lag ihm besonders am Herzen, sodass er z.B. auf der Insel Sir Bani Yas ein Wildgehege für vom Aussterben bedrohte Arten gründete.

Nach langwieriger Krankheit starb er im November 2004 im Alter von 86 Jahren. Nach dem Tod seines Vaters wurde sein erster und ältester Sohn Scheich Khalifa bin Zayed Al Nahyan zum neuen Herrscher von Abu Dhabi und Präsidenten der VAE ernannt. Er leitete bereits während der langen Krankheit des Vaters die Geschicke der Nation.

Abu Dhabi und die Zukunft

Heute prägen der Tourismus und neue, moderne Kulturstätten das Bild Abu Dhabis. Ein besonderes Augenmerk der Regierung liegt auf dem Ausbau der Stadt als größter, kultureller Hotspot in der Region. Auf der Insel Saadiyat entstehen ambitionierte Kulturprojekte. Seit 2017 stellt der Louvre Abu Dhabi Meisterwerke aus aller Welt aus und erfreut sich großer Beliebtheit. Die Eröffnung von Großprojekten wie dem Guggenheim Abu Dhabi oder das Sheikh Zayed Nationalmuseum sind in den kommenden Jahren geplant.

Die Stadt hat sich bis zum Jahr 2030 das Ziel gesetzt, insgesamt drei Millionen Menschen einen Wohnraum in Abu Dhabi City zu bieten. Dafür sollen nachhaltige Stadtteile mit modernster Infrastruktur entstehen. Ein Vorzeigeprojekt ist z.B. die Ökostadt Masdar City, die als CO2-neutrale  Wissenschaftsstadt ein Vorreiter nachhaltiger Stadtentwicklung ist. Des Weiteren sind neue Verkehrsprojekte und der stetige Ausbau der digitalen Infrastruktur vorgesehen.

Seit Mai 2022 ist Scheich Mohammed bin Zayed Al Nahyan (1. von links) offiziell Präsident der VAE und Herrscher von Abu Dhabi. Daneben stehen Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum (1. von rechts), Vize-Präsident und Premierminister der VAE sowie Herrscher von Dubai. In der Mitte Mohammed Khalifa Al Mubarak, Vorsitzender des Department of Culture and Tourism and Abu Dhabi Executive Council Member.

Seit am 13.05.2022 der Herrscher Khalifa bin Zayed al Nahyan verstorben ist, leitet nun sein jünger Bruder Mohammed bin Zayed Al Nahyan die Amtsgeschicke als Präsident der VAE und Premierminister von Abu Dhabi.

Tipp: Wenn Sie sich ein persönliches Bild von der Geschichte Dubais machen wollen, lohnt sich ein Besuch des Qasr Al Hosn. Dort erhalten Sie einen anschaulichen und informativen Überblick über die Geschichte der arabischen Metropole.